Ragnar65 Posted March 6, 2018 Posted March 6, 2018 Moin Gemeinde, nachdem ich nun endlich auch mit Pedalen fliegen kann, ist mir aufgefallen, dass die Maschine auch bei reinem Seitenrudereinsatz in eine Rollbewegung verfällt. Sollte es nicht so sein, dass das Seitenruder "nur" das Heck der Maschine seitlich bewegt und die Rollbewegung über die Querruder gesteuert wird? Ich kenne es von älteren FluSis, dass ich der Einfachheit halber bei nicht vorhandenen Pedalen mit dem Stick koordiniert Seiten- und Querruder bedienen kann. Aber solch eine Funktion finde ich bei DCS nicht. Habe ich da nun einen Denkfehler hinsichtlich der Steuerung mittles Seitenruder? Oder hat sich irgendwo in den Einstellungen eine Funktion versteckt, die auch das Seitenruder eine Rollbewegung durchführen lässt? Beste Grüße, Stefan X-56 HOTAS, TFRP Pedals Modules: F-5E, FC3, F/A-18C, Mirage 2000 C, AV-8BNA, FW-190 A-8, F-16C Viper SystemSpecs: AMD A8-6600K (4x3,9GHz), 16 GB RAM, NVidia GeForce GTX1070 8GB, WIN10 64bit
Zabuzard Posted March 6, 2018 Posted March 6, 2018 Was fliegst du denn? Es kann durchaus sein, dass eine Bewegung des Ruders allein durch die Flugphysik eine zusätzliche Rollbewegung bewirkt (obwohl die Querruder sich nicht bewegen). Je nach Flugzeug oder Heli und Stärke des Inputs ist der Effekt unterschiedlich stark.
Ragnar65 Posted March 6, 2018 Author Posted March 6, 2018 Was fliegst du denn? Es kann durchaus sein, dass eine Bewegung des Ruders allein durch die Flugphysik eine zusätzliche Rollbewegung bewirkt (obwohl die Querruder sich nicht bewegen). Je nach Flugzeug oder Heli und Stärke des Inputs ist der Effekt unterschiedlich stark. Ich fliege vornehmlich die F-5E. Habe den Effekt aber auch schon bei der SU-25T bemerkt... Und die Rollbewegung ist derart ausgeprägt, dass ich nur mit Seitenruderausschlag einen 2-Minuten-Kreis fliegen könnte... Bei vollem Seitenruderausschlag muss ich sogar mit dem Stick (Querruder) gegensteuern, damit der Vogel nicht abschmiert... X-56 HOTAS, TFRP Pedals Modules: F-5E, FC3, F/A-18C, Mirage 2000 C, AV-8BNA, FW-190 A-8, F-16C Viper SystemSpecs: AMD A8-6600K (4x3,9GHz), 16 GB RAM, NVidia GeForce GTX1070 8GB, WIN10 64bit
Zabuzard Posted March 6, 2018 Posted March 6, 2018 (edited) Das klingt normal. Man nutzt das Ruder im Flug nicht so heftig. Vor allem nicht bei hohen Geschwindigkeiten. Gibt auch bei den Aerobatics ein Manöver, dass sich Rudder Turn nennt (komplette Kurve fast nur mit Ruder). Wenn du dir unsicher bist, dann kannst du gerne ein Video oder Track machen. Dann schauen wir uns das mal an :) Hier kannst du den Effekt gut sehen (Ruder zeigt zur Kreismitte, Stick voll in entgegengesetzte Richtung, trotzdem halbe Rolle nach innen): Edited March 7, 2018 by Zabuza
Shadoga Posted March 7, 2018 Posted March 7, 2018 (edited) Vereinfacht aerodynamisch betrachtet machst Du durch einen deutlichen Seitenruderauschlag (Nase "giert" nach rechts oder links) den in Gierrichtung "inneren" Flügel kurz ganz leicht langsamer und den "äusseren", der Nase hinterhergezogenen Flügel kurz ganz leicht schneller, was die jeweils umströmende Luftgeschwindigkeit betrifft. Dieser neue kleine Unterschied zwischen den vom jeweiligen Flügel erzeugten Auftriebskräften bewirkt, dass der "äussere" Flügel sich hebt, der "Innere" sich senkt, und die Rollbewegung in Gierrichtung entsteht, auch ohne dass irgendein Querruderausschlag mitgespielt hat. Was auch noch ein bißchen mit reinspielen kann, ist, dass der "innere" Flügel im gierenden Schiebeflug je nach Anordnung der Tragflächen vom leicht schief im Luftstrom stehenden Rumpf etwas abgeschirmt und dadurch ungünstiger umströmt wird und dadurch zusätzlich weniger Auftrieb produziert und gegenüber dem "äusseren" Flügel absackt. Edited March 7, 2018 by Shadoga
Yurgon Posted March 7, 2018 Posted March 7, 2018 (edited) Lass uns mal kurz die Aerodynamik durchgehen. Nehmen wir der Einfachheit halber einen Jet wie F-5 oder A-10 oder Su-25 an, denn dann müssen wir uns nicht noch mit dem Drehmoment des Motors/Propellers auseinandersetzen. Sagen wir, wir treten das Ruderpedal ein gutes Stück nach rechts durch. Weil die Nase nach rechts dreht, wird nun der linke Flügel wunderbar von der Luft angeströmt, während der Rumpf den Luftstrom um den rechten Flügel ein wenig blockiert. Der linke Flügel erzeugt also mehr Auftrieb als der rechte, und das ist in erster Linie der Grund, dass ein Input mit dem Seitenruder fast immer auch zu einem Rollen führt, wobei der Flügel in Richtung des Turns sinkt und sich der andere Flügel hebt. Um die Rollbewegung zu verhindern, kann man mit dem Stick bzw. dem Querruder gegensteuern, Ruder und Stick werden dann also über Kreuz ausgelenkt. Auf diese Weise lässt sich in der Tat ein voller Kreis fliegen, das ist aber aerodynamisch hochgradig ineffizient - und genau das ist auch der Grund, dass man eine Kurve normalerweise fliegt, indem man das Flugzeug zunächst rollt und dann am Stick zieht, um die Höhe zu halten. Segelpiloten benutzen diesen Trick allerdings gerne, um bei Bedarf Geschwindigkeit abzubauen: Rechtes Ruder, linken Stick (oder natürlich umgedreht). Damit wird quasi der ganze Rumpf als Luftbremse genutzt. Und wenn einem mal im Airliner die Triebwerke ausfallen und deswegen die Luftbremse nicht mehr nutzbar ist, kann man genau den gleichen Trick anwenden: Air Canada Flug 143, besser bekannt als "Gimli Glider". :thumbup: Das nennt sich Forward Slip oder auf Deutsch Seitengleitflug. Es würde mich nicht wundern, wenn einige moderne Flugzeuge bzw. die Steuercomputer diesen Effekt einfach abfangen und dem Piloten alle Arbeit abnehmen. Aber in älteren Maschinen wie eben A-10, F-5 und Su-25 muss der Pilot das definitiv noch selbst machen, und in Segelflugzeugen oder kleinen Cessnas ohne Flugsteuercomputer natürlich sowieso. :) Edit: Mitten in der Nacht um 5 Minuten gesniped, ts, ts. ;) Wobei, bei näherer Betrachtung ist die Anströmgeschwindigkeit nochmal ein anderer Faktor als der durch den Rumpf blockierte Luftstrom. AFAIK wirken hier tatsächlich beide Effekte zusammen. Gute Erklärung, Shadoga! Edited March 7, 2018 by Yurgon
narfnarf Posted March 7, 2018 Posted March 7, 2018 Der Vollständigkeit halber, andersum gilt das im Prinzip auch: Wenn das Querruder benutzt wird erzeugt die Tragfläche in Rollrichtung weniger Auftrieb und senkt sich, die andere Tragfläche mehr Auftrieb, und hebt sich. Das Flugzeug rollt also um die Längsachse. Da mehr Auftrieb aber nicht gratis kommt, sonder mehr Luftwiderstand bedeutet, hat die sich hebende Tragfläche mehr Luftwiderstand als die sich senkende und das erzeugt ein Giermoment entgegen der Rollrichtung. Und das muss mit den Pedalen ausgeglichen werden damit eine koordinierte Kurve gefolgen wird. Soweit ich mich entsinne übenimmt in der A-10 das SAS den Ruderausschlag und bei FBW-Jets kann man sich solche Gedanken oft sowieso sparen, da man nicht die Steuerflächen direkt anspricht...
Isegrim Posted March 7, 2018 Posted March 7, 2018 Es gibt genügend RC Flugzeuge für RC Anfänger die nur über Gier Und Nicksteuerung verfügen. In der echten Luftfahrt gibt es das aus Sicherheitsgründen allerdings überhaupt nicht mehr, zumindest fällt mir kein Beispiel ein. Alles gut und alles richtig da ist nichts falsch. Happy flying. ISE "Blyat Naaaaa" - Izlom
RED Posted March 7, 2018 Posted March 7, 2018 Nicht vergessen, dass man nahe dem Strömungsabriss mehr Kontrolle um die Längsachse mit dem Seiten- als mit dem Querruder hat. Ist auch in DCS bei der F5 so. Bei der "stalled" die Tragfläche von außen nach innen, sodass die Querruder mit als erstes keine Wirkung mehr haben. Merkt man am meisten im Kurvenkampf, wenn man max. G zieht und dann erst die Flächen entlasten muss, um eine nutzbare Rollrate zu bekommen. Bei der Hawk sollte der Flügel genau umgekehrt von der Wurzel nach außen stallen, damit man auch noch bei etwas zu hohem Anstellwinkel gute Querruderwirkung hat. Hat jemand die Hawk und kann das bestätigen? Bin mal gespannt wie das mit der FA18 wird. Mit den LERX wird man wahrscheinlich schon vor dem kompletten Strömungsabriss keine Querruderwirkung mehr haben.
Drotik Posted March 7, 2018 Posted March 7, 2018 (edited) Und das muss mit den Pedalen ausgeglichen werden damit eine koordinierte Kurve gefolgen wird. Das ist nun mal auch der einzige Grund warum Flugzeuge überhaupt ein Seitenruder haben. Es ist wohl die am wenigsten verstandene und am häufigsten falsch benutzte Steuerfläche. Und was Red da beschreibt, ein sehr wichtiger Punkt, trifft auf jedes Flugzeug zu. Die Tragflächen sollten immer so ausgelegt sein, dass der überzogene Zustand von innen nach außen auftritt. Um von ihm genannte Querruderwirkung zu erhalten. Die FA-18 ist dafür eines der besten Beispiele: Betrachtet mal die Flügel von der Seite, seht ihr wie deutlich sie verwunden sind. Wie die Spitze nach unten zeigt und die Wurzel nach oben? Das ist geometrische Schränkung durch Variation des Einstellwinkels entlang der Spannweite. Und zur Ergänzung: So ziemlich alle größeren, schnelleren Flugzeuge (mittlerweile auch schon kleine Leichtflugzeuge) besitzen einen in die Flugsteuerung integrierten Gierdämpfer der... das Gieren verhindert! Denkt immer daran: Das Seitenruder ist der Diener der Querruder und eigentlich zu nichts zu gebrauchen. FBW-Jets kann man sich solche Gedanken oft sowieso sparen, da man nicht die Steuerflächen direkt anspricht... Hmm... schwierig. Schwieriges Thema. Oft missverstanden. Edited March 7, 2018 by Drotik
Shadoga Posted March 7, 2018 Posted March 7, 2018 ... Denkt immer daran: Das Seitenruder ist der Diener der Querruder und eigentlich zu nichts zu gebrauchen. ... Das sehe ich auch schon im normalen Flight Envelope nicht so, vgl. oben genanntes Slippen oder Seitenwindstarts-/landungen oder Muster mit Propellerdrehmoment, spätestens im Bereich Kunstflug und Luftkampfmanöver ist die Aussage dann völliger Käse.
Drotik Posted March 7, 2018 Posted March 7, 2018 (edited) ist die Aussage dann völliger Käse. Keineswegs. Kunstflug ist die eigentliche einzige Ausnahme aber ansonsten ist es das einzige Ruder, das man zum Steuern nicht braucht. Man verbaut es nur, weil es der einfachste Weg ist. Dringend nötig wird das Seitenruder wenn die Maschine überzogen wird, also ihren kritischen Anstellwinkel überschreitet. Außerhalb von Kunstflug sollte das aber nicht passieren. Und bei unseren heutigen Kampfflugzeugen wäre der Kampf schnell vorbei falls das geschieht. Leider sind wir nicht in der Lage, Flugzeuge zu konstruieren bei denen keine störenden Gierbewegungen auftreten und daher ist ein Seitenruder eben nötig und vergleichsweise einfach. Zum Steuern brauch man es aber nicht, man kann damit nicht steuern. Diese Aussage ist natürlich etwas kontrovers aber wenn man mal überlegt: Das Seitenruder dient im kontrollierten Flug lediglich dazu "aufzuräumen". Die ganzen Störeffekte zu beseitigen. Zur Steuerung braucht man es nicht. Man mag noch ergänzen: Das beschriebene gilt insbesondere für konventionelle Flugzeuge, zwei Tragflügel, Kreuzleitwerk, Steuerflächen in ihrer Urform. Bei modernen Konstruktionen wie einer FA-18 etwa, weicht vieles vom "normalen" Flugzeug ab. Von Hochleistungsflugzeugen wie der Phantom oder der MiG-29 ist bekannt, dass bei hohen Anstellwinkel hauptsächlich oder sogar ausschließlich das Seitenruder zum Kurvenflug verwendet wird. Weil die Querruder einfach keine Wirkung mehr entfalten. Aber eben auch nur um durch die entstehenden Sekundäreffekte der Gierbewegung das Flugzeug zu rollen und schlussendlich die Funktion der Querruder zu übernehmen. Das arme Seitenruder als nutzlos zu bezeichnen, ist natürlich gewagt und zugegebenermaßen auch nicht ganz korrekt. Was ich sagen wollte ist, dass es keine primäre Funktion zur Steuerung erfüllt (abgesehen von einigen Spezialmanövern) sondern eigentlich nur zur Kompensation dient. Edited March 7, 2018 by Drotik
Zabuzard Posted March 7, 2018 Posted March 7, 2018 (edited) Naja. Also gerade bei langsamen Maschinen, speziell die üblichen Propellermaschinen, brauchst du ein ansteuerbares Seitenruder. Insbesondere bei Takeoff/Landing mit starken Seitenwinden. Allein schon um den Drehmoment des Propellers in den unterschiedlichen Phasen (Geschwindigkeit/Höhe) auszugleichen. Auch bei schnellen, modernen, Jets wird ein Seitenruder in manchen Situationen benötigt. Ein gutes Beispiel sind Formationsflüge und ähnliche Situationen wie Luft-Luft Betankung. Eine seitliche Bewegung mit Stick zu realisieren ist wesentlich schwieriger als mit einem ganz leichten Input am Ruder. Das man es bei Kunstflug braucht ist klar, zu viele sehr spezielle Manöver. Aber es ist völlig richtig, dass man es für "reguläres" Rumfliegen nicht benötigt. Edited March 7, 2018 by Zabuza
Drotik Posted March 7, 2018 Posted March 7, 2018 (edited) aja. Also gerade bei langsamen Maschinen, speziell die üblichen Propellermaschinen, brauchst du ein ansteuerbares Seitenruder. Ich fliege eine Bücker Jungmann, wie entschlossen man da mit den Füßen arbeiten muss ist mir schmerzlich bewusst :-) Und Situationen wie Luftbetankung sind natürlich Spezialfälle. Um die Aussage zu verdeutlichen: Das ein Seitenruder irgendwie gebraucht wird ist klar, sonst hätten heutige Flugzeuge ja keins mehr. Was ich aber sagen wollte ist, dass seine grundlegende Funktion oft falsch verstanden wird und es eigentlich keine Steuerfläche im herkömmlichen Sinn ist. Nicht in normalen Flugzuständen. Auch bei Seitenwind nutzt man es ja um die Maschine zu zwingen gerade aufzusetzen. Nicht direkt um die Flugrichtung zu beeinflussen. Diese Theorie ist übrigens nicht meine, sie stimmt ursprünglich von Wolfgang Langewiesche, Autor des wohl besten Buches über das Fliegen aller Zeiten: Stick and Rudder. Und er beschreibt das Rudder als completely useless. Wirkt zuerst bescheuert, wenn man versteht wie er es meint leuchtet es aber ein. Mir gefällt diese Ansicht sehr gut denn sie ist größtenteils richtig. Wirklich gebraucht wird es nur bei speziellen Fällen, ansonsten ist es mehr ein notwendiges Übel. "Für nichts zu gebrauchen" ist bewusst überspitzt ausgedrückt. Dinge die man nicht braucht verschwinden irgendwann und jedes neue Flugzeug besitzt eine Giersteuerung, daher ist das natürlich nicht die ganze Wahrheit. Edited March 7, 2018 by Drotik
Yurgon Posted March 7, 2018 Posted March 7, 2018 Diese Theorie ist übrigens nicht meine, sie stimmt ursprünglich von Wolfgang Langewiesche, Autor des wohl besten Buches über das Fliegen aller Zeiten: Stick and Rudder. Das sehe ich defintiv auch so, tolles Buch und meiner Meinung nach Pflichtlektüre!
narfnarf Posted March 8, 2018 Posted March 8, 2018 [...]Hmm... schwierig. Schwieriges Thema. Oft missverstanden. Klar, wenn FBW im Spiel ist muss man genau hinschauen, was das System wann macht. Aber es ist schon etwas anderes, wenn ich mit dem Stick direkt x° Ausschlag vom Höhenruder steuern kann oder, im FBW-Fall, der Computer bei gleicher Stickbewegung für konstante 2G sorgt oder eben in anderen Geschwindigkeitsbereichen versucht einen bestimmten AoA einzustellen, oder was auch immer sich die Ingenieure gedacht haben. Was ich sagen wollte, ist ja nur, dass FBW im Zweifel ein eigenes Thema für sich ist... (und ein spannendes noch dazu)
Drotik Posted March 8, 2018 Posted March 8, 2018 Was ich sagen wollte, ist ja nur, dass FBW im Zweifel ein eigenes Thema für sich ist... Absolut. Angesprochen habe ich das nur, weil dieser Begriff (auch von Fachleuten) eben oft leichtfertig verwendet wird ohne ganz zu wissen, was dahinter steckt. Das wollte ich dir aber nicht unterstellen.
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